MM
- Manfred Mertz – „Bilder aus der Stille“
Ausstellung
in der Firma „Vollack“ Karlsruhe
Einführung
von Dr. Matthias Brück am 15.03.02
Dr. Matthias Brück, Laudator,
verfasste eine schöne Rede über meine Kunst,
die wie folgt lautete:
Sehr
geehrte Damen und Herren
wir
gehören wohl überwiegend zu den glücklichen Menschen, die ihre fünf
Sinne gebrauchen können, auch wenn wir das nicht immer konsequent
beweisen.
Der
Preis dafür besteht in einer fast unabwendbaren Beschallung, ja Belästigung,
aus Sprache,
Geräusch, Musik und ungewollter Information –
Komponenten, die es peu à peu mit sich bringen, dass unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten
immer mehr verkümmern.
Klagen,
Kritik und Resignation scheinen vorprogrammiert.
Nun
treffen Sie heute Abend auf einen Künstler, der all diese Vorzüge –
speziell das
Hören
und Sprechen nie kennen gelernt hat. Der von Geburt an in einer
lautlosen,
kommunikationsarmen Welt aufgewachsen ist.
Doch
hat er niemals resigniert und sich auf seinem Taub-Stummen-Dasein ausgeruht.
Im
Gegenteil: über die Malerei hat er zu einem eigenen unabhängigen Weg
gefunden –
hat
wie der Ausstellungs-Titel verheißt – „Bilder aus der Stille“
geschaffen, nicht „Stille Bilder“,
wie Sie unschwer erkennen können.
Manfred
Mertz hat das einmal selbst treffend formuliert und damit zugleich den
existentiellen
Kontext erhellt,
aus dem er heraus arbeitet.
Zitat:
„Ich habe intensive Wahrnehmungen. Ich höre nichts. Ich muss mehr mit den
Augen
sehen und in mich aufnehmen. Das ist wie Musik! Das ist das Gefühl des
Meeres,
der Wellen und wie der Wind die Wellen treibt.
Dann
der grelle Blitz und Donner, die Delphine und der Mond, ganz nahe. Das ist
ein starkes Gefühl! Gehörlose sind nicht teilnahmslos.
Ich
nehme die Wunder der Welt dankbar in mich auf. Mich interessiert, wie der
Mensch aufblüht und
vergeht. Wenn ich schon nicht höre, will ich mehr
sehen für Gehörlose!“ – (Zitat Ende)
Nicht
nur für Gehörlose sind diese Exponate beeindruckend und geradezu
stimulierend.
Denn
dieser Künstler arbeitet zwar naturalistisch - realistisch, aber er bildet
nicht die
sichtbar
gegenständliche Welt ab. – Er formuliert aus der Stille, aus dem
vermeintlichen Schweigen
heraus keine zeitgemäße Klage, sondern
vielmehr eine besondere poetisch-malerische Wirklichkeit.
Mit
anderen Worten: Stille und Schweigen steigern sich zu Qualitäten eines fast
paradiesischen
Schwebens – zwischen Sehnsucht und Erfüllung.
Manfred
Mertz gelingt damit eine Sphäre, eine Transformation, die dem Sprachlosen
zu einem
neuen Verstehen, zu einem Spüren und Nachempfinden verhilft.
Dazu
kommt ein positiver, lebensbejahender Elan, der sich fast durchgehend formal
in allen Kompositionen manifestiert:
Alles
strebt in einer weichen, gleitenden Bewegung nach Oben, ins Helle oder in
einen
nicht
mehr definierbaren Raum. Schwerelos schweben nackte, sich sichtbar
zugetane,
liebende Menschen in diesem Kosmos dem Licht entgegen, das
metaphysisch schon
immer
Verheißung und Erlösung versprochen hat.
Es
ist schon faszinierend, wie dieser Künstler eine unendliche Tiefe und Weite
des
Raumes
suggeriert, wie er besonders der Farbe Blau in diesem kompositorischen
Zusammenhang die differenziertesten Qualitäten und Nuancierungen
abgewinnen kann.
Wie
er den Mut beweist, sein Gelb oder Rot gemischt - ungemischt zur
Interpretation von Ruhe
und elementarer, lodernder Dynamik einzusetzen.
Rein
technisch gesehen gelingt diese durch eine selten gelungene Verbindung von
Ölmalerei und Airbrush-Anwendung mit Pinsel, Spachtel und dem Einsatz der bloßen Hände,
die Farbe deckend verreiben.
Das
Resultat dieses Prozesses sehen Sie nun hier auf mannigfaltige und zugleich
hoffnungsstiftende
Weise: Menschen und Tiere, Paare, Nixen, Pferd oder Delphin bestechen bei
Manfred
Mertz durch ihre beinahe märchenhafte Schönheit und Anmut.
Mit
ihren Körpern, ihren Gesten und Bewegungen symbolisieren Mann und Frau ein
fast
entrücktes Miteinander-Zueinander und verschleiern darüber
hinaus keineswegs eine liebevolle,
zärtliche
Erotik.
Eingebettet
sind sie häufig in Kreis- oder Kugelformen, die man unschwer als
Fruchtbarkeitssymbole oder als Maß der Vollkommenheit assoziieren
darf.
Ein
ungeahnter Friede – sei es im Kosmos oder in Meerestiefen zieht sich –
trotz
heftiger
Turbulenzen
und Entstehungs-Prozessen durch alle Exponate.
Sie
repräsentieren nicht nur Aufbruch, Lebensbejahung und hoffnungsvolle
Freude, sondern
auch die Vision dieses Künstlers, das gesamte
Universum sei auf Liebe aufgebaut.
Manfred
Mertz hat eine eigene Welt geschaffen, ohne deshalb die Betrachter in
irgendeiner
Weise auszugrenzen. Im Gegenteil: er lädt Sie heute Abend ein,
an
dieser Weite und Offenheit – seinem existentiellen Credo in Farben
– teilzunehmen.
Ich
wünsche Ihnen und Manfred Mertz erlebnisreiche, sinnvolle Stunden und
seiner Dolmetscherin
möglichst viel Arbeit.
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